Georgien und die Republik Moldau jetzt sicher?!
Am 23.12.2023 ist das „Gesetz zur Bestimmung Georgiens und der Republik Moldau als sichere Herkunftsstaaten“ in Kraft getreten. In Anlage II des Asylgesetzes sind seitdem also neben den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zehn Staaten als „sicher“ aufgelistet. Neben Georgien und der Republik Moldau sind das schon seit Jahren Albanien, Bosnien-Herzegowina, Nordmazedonien, Montenegro, Kosovo, Serbien, Senegal sowie Ghana.
Asylanträge von Personen aus diesen Ländern können schneller bearbeitet (vgl. § 30a AsylG) und als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden (vgl.§ 29a AsylG). Das Recht auf individuelle Anhörung und Prüfung bleibt im Grundsatz bestehen, doch faktisch haben Asylanträge fast keine Chance.
Doch aus welchen Gründen suchen Menschen aus Georgien und der Republik Moldau eigentlich Asyl?
In Georgien gelten vor allem die soziale und wirtschaftliche Lage als größte Sorge der Bevölkerung. In den 2000er-Jahren wurde zwar ein Modernisierungsprozess begonnen, jedoch sind viele Menschen von Arbeitslosigkeit bedroht oder betroffen. Ein besonderes Problem stellt auch die gesundheitliche Versorgung dar. Kosten für Medikamente und Behandlungen müssen die meisten Menschen in Georgien weiterhin selbst tragen. Dies trifft vor allem schwer Erkrankte. Ihre Familien nehmen teils hohe Kredite mit immensen Zinsen in Kauf. Viele Familien mit chronisch erkrankten Angehörigen versuchen daher in Westeuropa anzukommen. (vgl. https://www.tagesschau.de/inland/migration-georgien-rueckfuehrungen-102.html) Eine wirtschaftliche Notlage oder mangelhafte medizinische Versorgung sind keine Schutzgründe nach dem Asylgesetz, nach dem Asylbewerberleistungsgesetz werden nur „akute Schmerzzustände“ behandelt.
Aus der Republik Moldau suchen vor allem Rom*nja Asyl. Der bis heute stark verankerte Antiziganismus sorgt für eine gravierende Ungleichbehandlung im Land sowie tätliche Übergriffe. Die Diskriminierung trifft alle Bereiche des alltäglichen Lebens, ob Gesundheit, Bildung, Arbeit, Wohnungssuche, und reicht bis zum Umgang mit der öffentlichen Verwaltung und der Polizei.
2021 hatte die „Unabhängige Kommission Antiziganismus“ (UKA) die Anerkennung der besonderen Schutzbedürftigkeit von Roma gefordert. Mit der neuen Klassifizierung der Republik Moldau als sicheres Herkunftsland dürfte es künftig noch schwieriger werden, verfolgten Rom*nja einen Schutzstatus zuzusprechen.
LGBTIQ*-Geflüchtete trifft die Einstufung von Moldau und Georgien besonders. Es gibt in beiden Ländern zwar kein direktes Verbot homosexueller Aktivitäten, sicher sind queere Menschen hier dennoch nicht. Russland, das umfassend gegen queere Menschen vorgeht, hat erheblichen Einfluss auf Teile dieser Länder. Belgien hatte Georgien erst 2023 deswegen von seiner Liste der sicheren Herkunftsländer gestrichen.
Zwar haben alle Geflüchteten weiterhin auch das Recht auf eine individuelle Asylanhörung und Prüfung. Jedoch gibt es bei den Asylverfahren von Personen aus den als „sicher deklarierten Herkunftsstaaten“ eine Art Beweislastumkehr.
Außerdem zeigt die Erfahrung, dass Angst und Scham viele queere Asylsuchende davon abhalten, sich beim BAMF zu outen. Viele kennen auch schlicht die Rechtslage in Deutschland nicht. Trotz verstärkter Aufklärung durch Beratungsstellen für Geflüchtete, und durch queere Menschen sowie des Ausbaus der Asylverfahrensberatung droht verfolgten LGSBTIQ*-Schutzsuchenden oft die Abschiebung. Allein, da das BAMF ihnen oft ihre Identität oder Orientierung nicht glaubt oder absurde Beweise einfordert.
Quellen:
ARD (19.12.2023): „Das Migrationsabkommen steht“. Abrufbar unter: https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/migrationsabkommen-georgien-100.html
queer.de (15.12.2023): „Bundesrat stimmt für Moldau und Georgien als „sichere Herkunftsstaaten“. Abrufbar unter: https://www.queer.de/detail.php?article_id=47873
MIA (24.11.2023): „MIA verurteilt Entscheidung des Bundestags, Moldau als sicheren Herkunftsstaat einzustufen. Dort ist die Sicherheit von Roma auf keinerlei Weise garantiert“. Abrufbar unter: https://www.antiziganismus-melden.de/2023/11/24/mia-verurteilt-die-entscheidung-des-bundestags-moldau-als-sicheren-herkunftsstaat-einzustufen-dort-ist-die-sicherheit-von-roma-auf-keinerlei-weise-garantiert/